Erinnerung an das Schicksal der
Rosa-Winkel-Häftlinge am Beispiel von Karl Gorath
Gedenkrede zum 61. Jahrestag der Befreiung des
Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee
Jörg
Hutter
Erinnerung an das Schicksal der
Rosa-Winkel-Häftlinge am Beispiel von Karl Gorath
Gedenkrede zum 61. Jahrestag der Befreiung des
Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee
Jörg
Hutter
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Ich möchte zu Beginn in
groben Zügen die Geschichte des Konzentrations- und Vernichtungslagers
Auschwitz skizzieren, in dem auch der Bremerhavener Karl Gorath als
Homosexueller interniert war. Danach schildere ich – nur die wichtigsten
Stationen – seines Verfolgungsschicksals, denn es kann zwischenzeitlich wohl
zu den am besten dokumentierbaren Biografien eines Rosa-Winkel-Häftlings
zählen. Die Geschichte Karl Goraths illustriert nicht nur en detail die
Mechanismen von der strafrechtlichen Verurteilung bis hin zur Verschleppung
in ein Konzentrationslager, sondern sie dokumentiert zudem die Kontinuität
der Homosexuellenverfolgung, die sich nach der Befreiung der
Konzentrationslager in der Bundesrepublik Deutschland bruchlos fortgesetzt
hat.
Doch
zunächst zur nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Das
Konzentrationslager Auschwitz steht als Symbol für eine bislang beispiellose
Vernichtung von Menschen, für eine Todesfabrik deutscher Perfektion, der
weit über eine Millionen Menschen zum Opfer fielen. Diese
Massenhinrichtungen durch Erschießungen, Folter und Hunger, durch
‚Abspritzen’ mit Phenol und Vergasen mit Zyklon B traf insbesondere die
jüdischen Häftlinge, Sinti und Roma, sowjetische Kriegsgefangene und
polnische Zwangsarbeiter. Sie zählten allesamt zu den rassisch definierten
Feindgruppen der Nationalsozialisten. Die reichsdeutschen Häftlinge blieben
zwar von systematischen Massenmorden verschont, ihre Deportation nach
Auschwitz bedeutete angesichts der entsetzlichen Ernährungs- und
Hygiene-Situation meistens jedoch ebenfalls der sichere Tod (ausführlich zum
Konzentrationslager Auschwitz siehe den Artikel
zum Konzentrationslager Auschwitz in diesem Web).
Das Lager selbst ist auf
Geheiß des Reichsführers der SS und Chef der deutschen Polizei Heinrich
Himmler in der Nähe der polnischen Stadt Oswiecim, einem
Eisenbahnknotenpunkt, von Mai bis Dezember 1940 entstanden. Neben dem
Stammlager auf einem ehemaligen Kasernengelände errichten die Häftlinge 1941
ein Arbeitslager des IG-Farbenkonzerns in Dwory und ein
Kriegsgefangenenlager in Birkenau. Die ersten Massenmorde finden am
3. September 1941 im Stammlager statt. Zu ihren Opfern zählen sowjetische
Kriegsgefangene und kranke polnische Häftlinge. Sowjetische Kriegsgefangene
erweitern im Winter 1941/42 den Lagerkomplex Birkenau. Dort beginnen die
Vergasungen von Juden am 20. März 1942 zunächst in zwei Bauernhäusern. Ab
Mitte 1942 lässt die SS in Birkenau ein ganzes Vernichtungszentrum mit
Gaskammern und Krematorien errichten. Dort findet im Sommer 1944 die letzte
Etappe des Mordprogramms statt. Ihm fallen polnische Juden zum Opfer. Ende
November 1944 gibt Himmler den Befehl, die Krematorien zu zerstören. Am 17.
Januar 1945 treten die verbliebenen etwa 67.000 Häftlinge zum letzen
Abendappell an. Sie werden am nächsten Tag in offenen Güterwagons ins
Reichsinnere transportiert. Am 27. Januar befreit die Rote Armee die im
Lager zurück gebliebenen und meist kranken etwa 7.000 Häftlinge.
Zeugnisse der Männer mit dem
rosa Winkel kennen wir heute Dank der Recherchen einer Gruppe schwuler
Männer, die sich in einer vom Bremer Rat und Tat Zentrum organisierten Reise
1989 im Archiv des Auschwitz-Museums auf Spurensuche begeben hat. Da die
Häftlinge bei der Räumung des Lagers den Befehlen nicht nachkamen, Akten und
andere Dokumente zu verbrennen, sondern einen Teil dieser Unterlagen
verstecken konnten, existieren noch heute etwa 400.000
Häftlingskarteikarten, Einlieferungs-, Transport- und Todeslisten sowie
Häftlingsfotos. Hinzu kommen so genannte Kassiber, aus dem Lager
geschmuggelte Berichte der Widerstandsbewegung über Häftlingszahlen, die
über Krakau nach London geschmuggelt wurden. Aus all diesen Unterlagen
ließen sich 50 Häftlingsschicksale rekonstruieren, die meist im Jahr 1941 im
Konzentrationslager Auschwitz als Rosa-Winkel-Häftlinge interniert waren.
Über Rosa-Winkel-Frauen im
Konzentrationslager Auschwitz wissen wir bis heute so gut wie gar nichts.
Bekannt ist durch Forschungen von Claudia Schoppmann, dass die
Nationalsozialisten lesbisch oft mit asozial gleichsetzten und die
betreffenden Frauen als Sozialverfolgte interniert gewesen sind. Viele
lesbische Frauen waren zudem gezwungen, in den Lagerbordellen zu ‚arbeiten’.
Schoppmann berichtet von der Einrichtung einer Frauenabteilung im Stammlager
Auschwitz, deren Insassen zum großen Teil aus dem Konzentrationslager
Ravensbrück stammten. Noch existente Listen von Frauentransporten umfassen
Angaben zu 75.697 Frauen, die bis zum Februar 1944 dort registriert und
eingewiesen wurden.
Die Forschungslücken
unterstreichen, wie notwendig noch immer eine umfassende, professionelle
Aufarbeitung der Homosexuellenverfolgung ist. Die im Folgenden von mir nur
schlagwortartig und chronologisch angeordneten Verfolgungsdaten von Karl Gorath verdeutlichen ebenfalls, dass auch hier noch viele Fragen offen
bleiben. Offen bleibt die Zuordnung von Unterschriften zu Personen, die
Rekonstruktion von Täterprofilen und ihren Karrieren nach Kriegsende, die
Klärung von Verfolgungsumfang und Verfolgungsintensität der einzelnen
Verfolgungsinstanzen wie der Bremer Staatsanwaltschaften und Bremer
Gerichte, der Zuchthäuser von Celle und Bremen-Oslebshausen sowie der Bremer
Kriminalpolizei, deren Personalakten ab 1943 verschwunden sein sollen.
Die
Verfolgungsbiografie
von Karl Gorath
12.
Dezember 1912 |
Karl Gorath, geboren in
Dreibergen im Kreis Zwischenahn |
1928 und 1929,
15 und 16 Jahre alt |
Erste gleichgeschlechtliche sexuelle Erfahrungen mit 14 und 15jährigen
Schülern der Realschule und des Gymnasiums in Bremerhaven
(Verteidiger A. L. Heuer
in: Staatsarchiv Bremen, Akte G 4/1934, Bl. 84 und folgende S. 2-4) |
9. Januar 1934,
21 Jahre alt |
Anzeige des Schuldirektors des humanistischen Gymnasiums bei der
Kriminalpolizei (Staatsarchiv
Bremen, Akte G 4/1934, Bl. 1a) |
12. Januar 1934 |
Haftbefehl und Gefängnis
(Staatsarchiv Bremen, Akte G 4/1934, Bl. 12 und 17) |
Abbildung 2: Häftlingsfoto von Karl Gorath, aufgenommen von der Kriminalpolizei Bremerhaven nach seiner ersten Verhaftung 1934. |
7. Juni 1934 |
Urteil des Landgerichts Bremen: Gefängnis von einem Jahr und drei
Monaten
(Staatsarchiv Bremen,
Akte G 4/1934, Bl. 96 und folgende S. 2-4). |
21. September 1934 |
Ablehnung eines
Gnadengesuches durch den Bremer Innensenator
(Staatsarchiv Bremen,
Akte G 4/1934, Bl. 108). |
10. Dezember 1934 |
Nach erneutem
Gnadengesuch Aussetzung der Reststrafe durch den Bremer Innensenator zum
31. Dezember 1934
(Staatsarchiv Bremen, Akte G 4/1934, Bl. 109). |
28. Juni 1935,
22 Jahre alt |
Strafrechtsnovellen vom
28. Juni 1935 mit einer Verschärfung des § 175 Strafgesetzbuch
(Erhöhung des Strafrahmens und Erweiterung des Tatbestandes auf alle
homosexuellen Handlungen inkl. der wechselseitigen Onanie)
und der Änderung des § 2 Strafgesetzbuchs
(Aufheben des Verbots der gesetzlichen Analogie bzw.
Bestimmtheitsgebots. Nun konnte bestraft werden, „wer eine Tat begeht,
die das Gesetz für strafbar erklärt, oder die nach dem Grundgedanken
eines Strafgesetzes oder nach gesundem Volksempfinden Bestrafung
verdient.“)
(Die
Strafrechtsnovellen vom 28. Juni 1935 und die amtlichen Begründungen zu
diesen Gesetzen. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, § 175, 175
a, Berlin 1935, S. 39 sowie Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches,
§ 2, Berlin 1935, S. 8.) |
14. November 1939, 26
Jahre alt |
Urteil des
Landgerichtes Verden/Aller: Zuchthausstrafe von einem Jahr wegen
unzüchtigen Vergehens an einem Jugendlichen
(Hauptstaatsarchiv
Hannover, Akte Hann. 86 Celle, Acc. 142/90, Nr. 39/0548 - vormals
Staatsanwaltschaft Verden, Zweigstelle Wesermünde, 3 KLs. 22/39 -, J I,
Bl. 6 – 9 Rs.) |
26. Januar 1940,
27 Jahre alt |
Erneutes Urteil des
Landgerichtes Verden/Aller: Die Gesamtzuchthausstrafe summiert sich auf
zwei Jahre und sechs Monate
(Hauptstaatsarchiv Hannover, Akte Hann. 86 Celle, Acc.
142/90, Nr. 39/0548 - vormals Staatsanwaltschaft Verden, Zweigstelle
Wesermünde, 3 KLs. 1/40 -, J II, Bl. 2.) |
1. März 1940 |
Einlieferung in das Zuchthaus Celle
(Hauptstaatsarchiv Hannover, Akte Hann. 86 Celle, Acc. 142/90,
Nr. 39/0548 - vormals Staatsanwaltschaft Verden, Zweigstelle Wesermünde,
3 KLs. 22/39 -, Deckblatt) |
19. April 1940 |
Erneutes Urteil des
Landgerichts Verden/Aller: Gesamtstrafe wird auf insgesamt drei Jahre
festgesetzt
(Hauptstaatsarchiv Hannover, Akte Hann. 86 Celle, Acc. 142/90,
Nr. 39/0548 - vormals Staatsanwaltschaft Verden, Zweigstelle Wesermünde,
3 KLs. 1/40 -, J II, Bl. 2.) |
20. Februar 1942
29 Jahre alt |
Gnadengesuch von Karl
Gorath, eingereicht durch den Anwalt Dr. Hans Obenauer
(Hauptstaatsarchiv
Hannover, Akte Hann. 86 Celle, Acc. 142/90, Nr. 39/0548 - vormals
Staatsanwaltschaft Verden, Zweigstelle Wesermünde, 3 KLs. 1/40 -, J II,
Bl. 13, 14.) |
24. Februar 1942 und 3. März 1942 |
Ablehnung des
Gnadengesuches durch die Strafanstalt Celle: „Einen Gnadenverweis
befürworte ich für Gorath nicht, da allein die unnachgiebige
Strafvollstreckung die erforderliche abschreckende Wirkung ausüben
kann.“
(Hauptstaatsarchiv Hannover, Akte Hann. 86 Celle, Acc. 142/90,
Nr. 39/0548 - vormals Staatsanwaltschaft Verden, Zweigstelle Wesermünde,
3 KLs. 1/40 -, J II, Bl. 13.) |
20. März 1942 |
Ablehnung eines
Gnadengesuches durch den Oberstaatsanwalt beim Landgericht Verden
(Hauptstaatsarchiv
Hannover, Akte Hann. 86 Celle, Acc. 142/90, Nr. 39/0548 - vormals
Staatsanwaltschaft Verden, Zweigstelle Wesermünde, 3 KLs. 1/40 -, J II,
Bl. 14.) |
3. November 1942 |
Mitteilung des
Zuchthauses Celle über die bevorstehende Haftentlassung an die
Kripo-Leitstelle in Wesermünde-Lehe
(Hauptstaatsarchiv
Hannover, Akte Hann. 86 Celle, Acc. 142/90, Nr. 39/0548 - vormals
Staatsanwaltschaft Verden, Zweigstelle Wesermünde, 3 KLs. 1/40 -, J II,
Bl. 16, 16 Rs.) |
30. November 1942 |
Anordnung polizeilicher
Vorbeugungshaft durch SS-Hauptsturmführer und Kriminalrat Hirschberg,
Leiter der Kriminalabteilung der Staatlichen Kriminalpolizei Wesermünde.
„Gegen Gorath habe ich mit Wirkung vom Tage der Strafverbüssung
polizeiliche Vorbeugungshaft angeordnet. Ich bitte, Gorath mittels
Sammeltransportes nach dem Polizeigefängnis Bremen-Ostertor überführen
zu lassen.“ Gezeichnet Hirschberg
(Hauptstaatsarchiv
Hannover, Akte Hann. 86 Celle, Acc. 142/90, Nr. 39/0548 - vormals
Staatsanwaltschaft Verden, Zweigstelle Wesermünde, 3 KLs. 1/40 -, J II,
Bl. 17 sowie Bundesarchiv Koblenz, Reichssicherheitshauptamt, Akte R 58
423, Bl. 12 und 13.) |
5. Dezember 1942 |
Umlauf-Mitteilung des
Zuchthauses Celle: „Der Strafgefangene Gorath wird in polizeiliche
Vorbeugungshaft genommen und am 18.12.1942, 6.00 Uhr durch die hiesige
Polizei abgeholt.“
(Hauptstaatsarchiv Hannover, Akte Hann. 86 Celle, Acc.
142/90, Nr. 39/0548 - vormals Staatsanwaltschaft Verden, Zweigstelle
Wesermünde, 3 KLs. 1/40 -, J II, Bl. 18) |
30. Januar 1943,
30 Jahre alt |
Deportation in das
Konzentrationslager Neuengamme bei Hamburg,
(Häftlingskartei des
Wirtschaftsverwaltungshauptamtes, Häftlingsnummer 16045,
Einlieferungsstelle Kripo, Haftart B.V. (=Berufsverbrecher) Unterschrift
„Rei.“, Bundesarchiv Koblenz laut Auskunft der Gedenkstätte Neuengamme
vom 8.03.2004) |
Februar – Juni 1943 |
Zwangsarbeit in
dem KZ-Rüstungsbetrieb der Walther-Werke
im Konzentrationslager Neuengamme, danach im Lazarett des Außenlagers
Wittenberge. |
1. Juni 1943 |
Straftransport in das Konzentrationslager Auschwitz
(Państwowe Muzeum W Oswięcimiu, Archiwum, Dokumente
Arbeitseinsatz, Tom 4, Signatur D - An I – 3 a / 296, Nr. inw. 32350,
Nr. filmu 273/296) |
Abbildung 3: Häftlingsfoto von Karl Gorath, aufgenommen von der Politischen Abteilung des
Konzentrationslagers Auschwitz bei der Einlieferung am 1.06.1943. |
1. Juni 1943 |
Häftlingsfoto von Karl
Gorath,
Häftlingsnummer 124630. |
Juni 1943 –
Januar 1945 |
Zwangsarbeit im
Krankenlager in Block 25, danach Blockältester von Block 3a im
Stammlager. |
18. Januar 1945,
32 Jahre alt |
Räumung des Konzentrationslagers und Transport in offenen Güterwagons in
das Konzentrationslager Mauthausen in Österreich
(Nachweis unter
http://www.keom.de/denkmal/karte/lager_auswert.php?lager_id=156) |
29. Januar 1945 |
Ankunft im Konzentrationslager Mauthausen bei Linz, zunächst
Arbeitseinsatz in Roggendorf (Bau von Baracken), danach Deportation in
das Außenlager Kloster Melk an der Donau
(Państwowe Muzeum W Oswięcimiu, Archiwum, Dokumente KL
Mauthausen, Zugänge von KL-Auschwitz / Männer, Tom 8 K. 66,
Sygn.D-Mon-3/9/8, Nr. inw. 149719. D -Häftlingsnummer 117762 laut
Entlassungsdokument im Bestand Hutter, persönlicher Nachlass) |
Anfang April 1945 |
‚Evakuierung’ der
Häftlinge in das Außenlager Ebensee des Konzentrationslagers Mauthausen
am Traunsee im Salzkammergut
(Nachweis unter
http://www.keom.de/denkmal/karte/lager_auswert.php?lager_id=801) |
6. Mai 1945 |
Befreiung des Außenlagers Ebensee durch amerikanische Truppen
(Bestand
Hutter, Entlassungsdokument im persönlichen Nachlass) |
22. Juli 1945 |
Ankunft in Bremerhaven (Bestand Hutter,
Entlassungsdokument im persönlichen Nachlass) |
Januar 1946,
33 Jahre alt |
Erneute Ermittlungen der Bremerhavener Kriminalpolizei
(Stadtarchiv
Bremerhaven, Akte KLs 5/46, Bl. 2a.) |
27. März 1946 |
Verhaftung durch die Polizei
(Stadtarchiv Bremerhaven, Akte KLs 5/46, Bl. 6) |
4. April 1946 |
Anklageerhebung nach §
175 a (schwere Unzucht unter Männern)
(Stadtarchiv
Bremerhaven, Akte KLs 5/46, Bl. 26, 26 Rs., 27) |
15. Mai 1946 |
Erste Verhandlung vor dem Landgericht Bremen-Wesermünde
(Stadtarchiv
Bremerhaven, Akte KLs 5/46, Bl. 34, 34 Rs., 35) |
17. Juli 1946 |
Zweite Verhandlung vor dem Landgericht Bremen-Wesermünde
(Stadtarchiv
Bremerhaven, Akte KLs 5/46, Bl. 43-46 Rs.) |
4. September 1946 |
Dritte Verhandlung vor dem Landgericht Bremen-Wesermünde: Urteil
Gesamtzuchthausstrafe von fünf Jahren
(Stadtarchiv Bremerhaven, Akte KLs 5/46, Bl. 60 – 65 Rs.) |
5. September 1946 |
Revision gegen das
Urteil durch Strafverteidiger Dr. Hans Obenauer
(Stadtarchiv
Bremerhaven, Akte KLs 5/46, Bl. 74) |
22. Oktober 1946 |
Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg: Die
Revisionsrüge betreffend der Anwendung des § 175 a ist unbegründet, da
„die Strafrechtsnovelle vom 28. Juni 1935 kein nationalsozialistisches
Unrecht darstelle“. Das Urteil wird aufgehoben und an das Landgericht
Bremen-Wesermünde zurückverwiesen.
(Stadtarchiv
Bremerhaven, Akte KLs 5/46, Bl. 87 – 91 Rs.) |
14. Februar 1947
35 Jahre alt |
Vierte Verhandlung vor dem Landgericht Bremen – Strafkammer Bremerhaven
mit dem Urteil: Fünf Jahre Zuchthaus und Aberkennung der bürgerlichen
Ehrenrechte
(Stadtarchiv
Bremerhaven, Akte KLs 5/46, Bl. 109 – 114 Rs.) |
21. Februar 1947 |
Karl Gorath an die
Staatsanwaltschaft Wesermünde:
„In der Begründung
befinden sich keine Sachverhalte, die meine zweieinhalb Jahre unschuldig
nach Haftverbüßung erlittene KZ-Lagerhaft berücksichtigen. Ich habe in
den Jahren körperlich und seelisch derart gelitten, dass ich mich nach
meiner Rückkehr sofort wegen Unterernährung und Nervenschwäche in
Behandlung begeben habe.“
(Stadtarchiv Bremerhaven, Akte KLs 5/46, Bl. 125, 125
Rs.) |
15. März 1947 |
Überführung von der
Haftanstalt Bremerhaven in das Zuchthaus Bremen-Oslebshausen
(Stadtarchiv
Bremerhaven, Akte KLs 5/46, Bl. 128) |
19. Juli 1948
35 Jahre alt |
Erstes Gnadengesuch von
Karl Gorath an den Generalstaatsanwalt Bremen
(Stadtarchiv
Bremerhaven, Gnadenheft der Staatsanwaltschaft, Akte 1 Gns 207/48 in
Akte KLs 5/46, Bl. 1, 1 Rs.) |
7. August 1948 |
Ablehnung des Gnadengesuches durch die Haftanstalt - Vollzugsleiter Dr.
Edmund Duckwitz
(Stadtarchiv Bremerhaven, Gnadenheft der Staatsanwaltschaft, Akte 1 Gns
207/48 in Akte KLs 5/46, Bl. 4) |
13. August 1948 |
Ablehnung des Gnadengesuches durch das Landgericht
(Stadtarchiv
Bremerhaven, Gnadenheft der Staatsanwaltschaft, Akte 1 Gns 207/48 in
Akte KLs 5/46, Bl. 5) |
17. August 1948 |
Ablehnung des Gnadengesuches durch den Staatsanwalt
(Stadtarchiv
Bremerhaven, Gnadenheft der Staatsanwaltschaft, Akte 1 Gns 207/48 in
Akte KLs 5/46, Bl. 6) |
6. August 1949,
36 Jahre alt |
Antrag auf
Wiederaufnahme des Verfahrens durch den Verteidiger Dr. Hans Obenauer (Stadtarchiv
Bremerhaven, Akte KLs 5/46, Bl. 145, 145 Rs.) |
25. August 1949 |
Beschluss des Landgerichts Bremen: Antrag auf Wiederaufnahme des
Verfahrens wird als unzulässig verworfen
(Stadtarchiv Bremerhaven, Akte KLs 5/46, Bl. 146, 146
Rs.) |
9. September 1949 |
Sofortige Beschwerde
gegen den Beschluss des Landgerichts des Verteidigers Dr. Hans Obenauer
(Stadtarchiv
Bremerhaven, Akte KLs 5/46, Bl. 148, 148 Rs.) |
6. Oktober 1949 |
Entscheidung des Strafsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts
Bremen: Die Beschwerde des Verurteilten ist begründet. Die
Wiederaufnahme ist zu prüfen
(Stadtarchiv Bremerhaven, Akte KLs 5/46, Bl. 152 – 154) |
10. März 1950,
37 Jahre alt |
Erster Antrag Karl
Goraths auf Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts aus dem
Zuchthaus Bremen-Oslebshausen heraus
(Staatsarchiv Bremen,
Landesamt für Wiedergutmachung, Akte 4,54 – E 7876, Bl. 3 – 7 Rs.) |
3. April 1950 |
Beschluss des Landgerichts Bremen: Der Antrag auf Wiederaufnahme des
Verfahrens wird als unbegründet verworfen
(Stadtarchiv Bremerhaven, Akte KLs 5/46, Bl. 186, 186
Rs.) |
18. April 1950 |
Zweites Gnadengesuch,
eingereicht durch den Anwalt Dr. Hans Obenauer
(Stadtarchiv
Bremerhaven, Gnadenheft der Staatsanwaltschaft, Akte 1 Gns 207/48 in
Akte KLs 5/46, Bl. 7, 7 Rs.) |
20. Juni 1950 |
Ablehnung des
Gnadengesuches durch die Haftanstalt
(Stadtarchiv
Bremerhaven, Gnadenheft der Staatsanwaltschaft, Akte 1 Gns 207/48 in
Akte KLs 5/46, Bl. 8, 8 Rs.) |
28. Juni 1950 |
Landgericht Bremen befürwortet das Gnadengesuch unter Auflagen
(Stadtarchiv
Bremerhaven, Gnadenheft der Staatsanwaltschaft, Akte 1 Gns 207/48 in
Akte KLs 5/46, Bl. 9) |
6. Juli 1950 |
Zuchthaus
Bremen-Oslebshausen widerspricht dem Landgericht.
„Nach wie vor steht die
hiesige Dienststelle auf dem Standpunkt, dass Gorath unzweifelhaft
weiter eine Gefahr für die Jugend darstellt und glaubt daher auch nicht,
einen Gnadenerweis befürworten zu können.“ Gezeichnet Dr. Duckwitz, Dr.
Schlingmann
(Stadtarchiv Bremerhaven, Gnadenheft der Staatsanwaltschaft, Akte 1 Gns
207/48 in Akte KLs 5/46, Bl. 10) |
11. Juli 1950 |
Ablehnung des Gnadengesuches durch den Oberstaatsanwalt beim Landgericht
Bremen
(Stadtarchiv
Bremerhaven, Gnadenheft der Staatsanwaltschaft, Akte 1 Gns 207/48 in
Akte KLs 5/46, Bl. 11) |
4. November 1950 |
Drittes Gnadengesuch,
eingereicht durch den Anwalt Dr. Hans Obenauer
„Der Verurteilte (…)
verspricht, seine unglückliche Veranlagung zu unterdrücken und nicht
wieder rückfällig zu werden. Er hat seine Verfehlungen mit 11 Jahren
Freiheitsentziehung unter schwersten Umständen so weitgehend gebüßt,
dass man ihm nunmehr wegen eines Restes von rund dreieinhalb Monaten
Bewährungsfrist geben kann.“
(Stadtarchiv Bremerhaven, Gnadenheft der Staatsanwaltschaft, Akte 1 Gns
207/48 in Akte KLs 5/46, Bl. 16, 16 Rs.) |
20. November 1950 |
Ablehnung des
Gnadengesuches durch das Zuchthaus Bremen-Oslebshausen
„Es liegt kein Anlass
vor, die Stellungnahme vom 20.06.1950 abzuändern. Gorath, der mehrfach
wegen Sittlichkeitsverbrechen vorbestraft ist, bildet bei seiner
Veranlagung in der Freiheit eine Gefahr. Die Strafe kann auf ihn nur als
abschreckendes Mittel wirken. Deshalb, und um ihn so lange als möglich
der Öffentlichkeit fernzuhalten, sollte er die Strafe voll verbüssen.“
(Stadtarchiv Bremerhaven, Gnadenheft der Staatsanwaltschaft, Akte 1 Gns
207/48 in Akte KLs 5/46, Bl. 18) |
24. November 1950 |
Der Vorsitzende der Strafkammer verweist auf die frühere Stellungnahme
des Landgerichtes (Entlassung unter Auflagen)
(Stadtarchiv Bremerhaven, Gnadenheft der
Staatsanwaltschaft, Akte 1 Gns 207/48 in Akte KLs 5/46, Bl. 19) |
14. Dezember 1950
38 Jahre alt |
Ablehnung des Gnadengesuches durch den Oberstaatsanwalt beim Landgericht
Bremen
(Stadtarchiv
Bremerhaven, Gnadenheft der Staatsanwaltschaft, Akte 1 Gns 207/48 in
Akte KLs 5/46, Bl. 22 - 24) |
24. Dezember 1950 |
Viertes Gnadengesuch
von Karl Gorath an den Generalstaatsanwalt in Bremen
(Stadtarchiv
Bremerhaven, Gnadenheft der Staatsanwaltschaft, Akte 1 Gns 207/48 in
Akte KLs 5/46, Bl. 26 – 27 Rs.) |
19. Januar 1951 |
Ablehnung des
Gnadengesuches durch den Oberstaatsanwalt beim Landgericht Bremen
„Ihr Gesuch vom
24.12.1950 an den Herrn Generalstaatsanwalt in Bremen auf Gewährung von
Straferlass ist mir zum zuständigen Befinden zugeführt worden. Nach
Prüfung des Sachverhaltes habe ich keine Veranlassung gefunden, einen
Gnadenerweis für Sie zu befürworten oder Ihnen bedingte Strafaussetzung
zu bewilligen. Aufgrund der mir (…) erteilten Ermächtigung bescheide ich
Sie hiermit ablehnend.“
(Stadtarchiv Bremerhaven, Gnadenheft der Staatsanwaltschaft, Akte 1 Gns
207/48 in Akte KLs 5/46, Bl. 28) |
11. April 1951 |
Entlassung aus der Strafanstalt
(Stadtarchiv Bremerhaven, Akte KLs 5/46, Bl. 192 sowie Staatsarchiv
Bremen, Gefangenenbuch 1947, Akte 4,80 – II., Bl. 34) |
September 1951 |
Zwangsheirat mit Anna Katharina Arndt
(Bestand Hutter, persönlicher Nachlass, Glückwunschschreiben von Dr.
Edmund Duckwitz, Bremen-Oslebshausen vom 25.10.1951) |
Januar bis August 1953
40 Jahre alt |
Dreieinhalb Jahre nach
Antragstellung Prüfung des Antrages auf Wiedergutmachung durch die
Entschädigungsbehörde der Stadt Bremerhaven: Anfragen beim Zuchthaus
Celle, der Kriminalpolizei Bremerhaven und der Staatsanwaltschaft Verden/Aller (Staatsarchiv
Bremen, Landesamt für Wiedergutmachung, Akte 4,54 – E 7876, Bl. 10 – 36) |
27. August 1953 |
Entscheidung des
Magistrats der Stadt Bremerhaven, Entschädigungsbehörde
Aufgrund der Vorstrafe
und aufgrund der Tatsache, dass „der Antragsteller nicht wegen seiner
politischen Überzeugung, aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der
Weltanschauung verfolgt wurde“ ist der Antrag auf Wiedergutmachung als
unbegründet abzuweisen.
(Staatsarchiv Bremen, Landesamt für Wiedergutmachung, Akte 4,54 –
E 7876, Bl. 38 – 41) |
21. September 1953 |
Widerspruch Karl
Goraths gegen den Bescheid der Entschädigungsbehörde der Stadt
Bremerhaven
(Staatsarchiv Bremen, Landesamt für Wiedergutmachung, Akte 4,54 –
E 7876, Bl. 43, 43 Rs.) |
15. Februar 1954
41 Jahre alt |
Klage Karl Goraths
gegen die Freie Hansestadt Bremen, eingereicht über das Amtsgericht
Bremerhaven
(Staatsarchiv Bremen, Landesamt für Wiedergutmachung, Akte 4,54 –
E 7876, Bl. 55) |
13. Mai 1954 |
Urteil des Landgerichts Bremen, Entschädigungskammer: Die Klage wird
abgewiesen
(Staatsarchiv Bremen,
Landesamt für Wiedergutmachung, Akte 4,54 – E 7876, Bl. 65 – 68) |
28. März 1958
45 Jahre alt |
Zweiter
Entschädigungsantrag Karl Goraths an die Entschädigungskammer des
Landgerichts
(Staatsarchiv Bremen, Landesamt für Wiedergutmachung, Akte 4,54 –
E 7876, Bl. 87) |
16. April 1958 |
Entschädigungsbehörde der Stadt Bremerhaven an das Landesamt für
Wiedergutmachung in Bremen
Wir
haben dem Antragsteller mitgeteilt, dass ihm nach § 207 des
Bundesentschädigungsgesetzes für offensichtlich unbegründete Anträge die
Kosten auferlegt werden können. „Wir bitten um Auskunft, in welcher Höhe
(vom Antragsteller) Kostenvorschüsse gefordert werden können, da wir
nicht einsehen, daß in diesem Falle der § 207 des
Bundesentschädigungsgesetzes keine Anwendung finden soll.“
(Staatsarchiv Bremen, Landesamt für Wiedergutmachung, Akte 4,54 –
E 7876, Bl. 90) |
19. April 1958 |
Landesamt für Wiedergutmachung an das Entschädigungsbehörde der Stadt
Bremerhaven
„Die
Auferlegung der Kosten ist in dem Bescheid auszusprechen, durch den der
geltend gemachte Anspruch abgelehnt wird. Es wird vorgeschlagen, dem
Antragsteller die gewünschten Antragsformulare zuzusenden …“
(Staatsarchiv Bremen, Landesamt für Wiedergutmachung, Akte 4,54 –
E 7876, Bl. 91) |
25. April 1958 |
Entschädigungsbehörde
der Stadt Bremerhaven überreicht die entsprechenden Formblätter mit dem
Hinweis, dass dem Antragsteller für einen offensichtlich unbegründeten
Antrag die Kosten auferlegt werden können.
(Staatsarchiv Bremen,
Landesamt für Wiedergutmachung, Akte 4,54 – E 7876, Bl. 92) |
15. Mai 1958 |
Antrag Karl Goraths auf
Schadenersatz nach dem Bundesentschädigungsgesetz
„Seit 1953 bin ich
erwerbslos, da ich schwere körperliche Arbeiten nicht machen kann und
aus diesem Grunde wirtschaftlich in grosser Notlage.“
(Staatsarchiv Bremen, Landesamt für Wiedergutmachung, Akte 4,54 –
E 7876, Bl. 93 – 94 Rs.) |
22. Mai 1958 |
Entschädigungsbehörde
der Stadt Bremerhaven an Karl Gorath
Der hier eingegangene
„Antrag ist unvollständig, da das Einlageblatt, Seite 3 und 4, von Ihnen
nicht mit übersandt wurde. Außerdem haben Sie den Ihnen überlassenen
Mantelantrag nicht ausgefüllt und eingereicht“. Es folgt ein erneuter
Verweis auf die Kosten, die dem Antragsteller für offensichtlich
unbegründete Anträge auferlegt werden können.
(Staatsarchiv Bremen, Landesamt für Wiedergutmachung, Akte 4,54 –
E 7876, Bl. 95) |
26.01.1960
47 Jahre alt |
Oberfinanzdirektion
Bremen an das Landesamt für Wiedergutmachung
„Herr Gorath macht
Ansprüche (nach dem Allgemeinen Kriegsfolgengesetz) geltend, weil er im
Konzentrationslager gewesen ist, er aber nach dem
Bundesentschädigungsgesetz nicht entschädigt werden konnte.“ Um
Aktenübersendung wird gebeten.
(Staatsarchiv Bremen, Landesamt für Wiedergutmachung, Akte 4,54 –
E 7876, Bl. 96) |
3. Februar 1960 |
Landesamt für
Wiedergutmachung an die Oberfinanzdirektion Bremen
„Wir möchten bemerken,
dass die hier geltend gemachten Entschädigungsansprüche als unbegründet
abgewiesen werden mussten, da die Voraussetzungen des (…)
Bundesentschädigungsgesetzes nicht erfüllt sind.“
(Staatsarchiv Bremen, Landesamt für Wiedergutmachung, Akte 4,54 –
E 7876, Bl. 98) |
5. April 1960 |
Ablehnung des Antrages
durch die Oberfinanzdirektion Bremen,
(Bestand Hutter, Akte Bremischer Härtefonds, Bl. 164, 164 Rs.;
Aktenzeichen 0 4013 – B BV 23 laut Schreiben der Oberfinanzdirektion
Hamburg an Karl Gorath vom 20.10.1989) |
28. Mai 1975
62 Jahre alt |
Die
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte lehnt den Rentenanspruch für
die Haftzeiten im Konzentrationslager ab.
„Die Zeit vom
1.08.1939 bis zum 8.05.1945 kann als Ersatzzeit nicht anerkannt werden,
weil sie weder nachgewiesen noch ausreichend glaubhaft gemacht ist.“
(Bestand Hutter, Persönlicher Nachlass, Akte Sozialversicherung, Bl. 6,
Bl. 7) |
7. Januar 1976
63 Jahre alt |
Klage Karl Goraths
gegen den ablehnenden Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für
Angestellte
(Sozialgericht Bremen, Akte SAn 7/76, Bl 1) |
5. Februar 1980
67 Jahre alt |
Urteil des
Sozialgerichtes Bremen: Die Klage wird abgewiesen, „denn der Kläger fand
sich nicht als Verfolgter im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes in
den Konzentrationslagern, sondern aufgrund der Verurteilungen wegen der
von ihm begangenen Sittlichkeitsdelikte.“
(Sozialgericht Bremen, Akte SAn 7/76, Bl 58 - 74) |
April 1988
75 Jahre alt |
Debatte in der Bremischen Bürgerschaft über die Einrichtung eines
Härtefonds für die ‚vergessenen’ Opfer des Nationalsozialismus
(Bestand Hutter, Akte Bremischer Härtefonds, Bremische Bürgerschaft,
12. Wahlperiode, Plenarprotokoll 17. Sitzung vom 27.04.1988) |
August 1988 |
Erste Kontaktaufnahme
Karl Goraths mit dem Rat und Tat Zentrum für Schwule und Lesben,
(Bestand Hutter, Akte
Bremischer Härtefonds, Bl. 135) |
27. September 1988 |
Einrichtung der Bremischen Härteregelung für die ‚vergessenen’ Opfer
(Bestand Hutter, Akte
Bremischer Härtefonds, Bremische Bürgerschaft, 12. Wahlperiode,
Drucksache 12/310 vom 28.09.1988, Bl. 128, S. 1-3) |
7. November 1988 |
Beschluss des Bremer Senats zur Aufnahme des Rat und Tat Zentrums in den
Beirat des Härtefonds, Schreiben des Senatspräsidenten Klaus Wedemeier
(Bestand Hutter, Akte
Bremischer Härtefonds, Bl. 116) |
15. Januar 1989
76 Jahre alt |
Antrag Karl Goraths
an das Landesamt für Wiedergutmachung
(Bestand Hutter, Akte
Bremischer Härtefonds, Bl. 160, S. 1-6) |
10. April 1989 |
Bewilligung einer einmaligen Leistung durch den Härtebeirat
(Bestand Hutter, Akte
Bremischer Härtefonds, Bl. 158, 158 Rs.) |
15. – 29. Juli 1989 |
Busfahrt mit Karl
Gorath in die Gedenkstätte des Konzentrationslagers Auschwitz
(Bestand Hutter, Akte
Bremischer Härtefonds, Bl. 117, 118) |
12. Juni 1990
77 Jahre alt |
Bewilligung einer laufenden Leistung nach der Bremischen
Härtefallregelung
(Bestand Hutter, Akte
Bremischer Härtefonds, Bl. 159, 159 Rs.) |
18. März 2003 |
Verstorben in seiner
Bremerhavener Wohnung im Alter von 90 Jahren |
Was nun, so ist angesichts
der offenkundigen Forschungslücken am nationalen Gedenktag für die Opfer des
Nationalsozialismus von schwul-lesbischer Seite aus anzuregen und in die
öffentliche Debatte einzubringen? Sicherlich die Forderung an die Politik in
Land und Bund, endlich ein lebendiges Mahnmal in Form einer offiziell
geförderten Forschungseinrichtung als eine Geste des Ausgleichs für
historische Schuld einzurichten. Sicherlich auch die Forderung an den Bremer
Senat, in seiner nächsten offiziellen Feierstunde am 26. Januar 2007 einmal
explizit der Befreiung der homosexuellen Opfer zu gedenken. Und sicherlich
der Appell an uns alle, aus der Vergangenheit Lehren für die Gegenwart zu
ziehen.
Um dem letztgenannten
Anspruch konkret werden zu lassen, möchte ich an diesem Gedenktag
abschließend die Aufmerksamkeit auf die Rosa-Winkel-Häftlinge von heute
lenken. Ich meine die Opfer der aktuellen Homosexuellenverfolgung im Iran.
Laut Presseberichten sind allein im Jahr 2005 neun Männer in verschiedenen
iranischen Städten öffentlich gehängt worden, weil sie –
höchstwahrscheinlich unter Folter – gleichgeschlechtliche Kontakte gestanden
haben. Einigen wenigen der Betroffenen gelingt hin und wieder die Flucht ins
Ausland. Doch auch deutsche Behörden tun sich schwer, den Betreffenden Asyl
zu gewähren, wie im Fall des Iraners Andre Aragoli aus Hessen, dessen
Asylantrag das Verwaltungsgericht Kassel mit der Begründung abgelehnt hat,
nicht die homosexuelle Neigung, sondern die homosexuelle Praxis würde im
Iran verfolgt <Stop deportation of Andre Aragoli,
www.ermis.de/aragoli/,
Frankfurt 1.2006>. Nur Dank des starken Protestes haben die Behörden Andre
Aragoli aus der Abschiebehaft entlassen und ihm eine Aufenthaltsgenehmigung
erteilt.
Irans Schwule und Lesben
brauchen unsere Hilfe. Die im Exil ansässige Persische Schwulen- und
Lesbenorganisation sammelt im Internet Unterstützungsunterschriften unter
einer Petition
(Link zur
Petition).
Jeder bzw. jede von uns kann dort durch einen Eintrag seine Solidarität
bekunden.
Liebe Anwesende, wir wollen
abschließend die Namen der bislang bekannten Rosa-Winkel-Häftlinge aus
Auschwitz vorlesen. Im Gedenken an alle schwulen und lesbischen Opfer des
Nationalsozialismus seien die folgenden 48 Namen genannt
(Zu den existenten
Fotos von einigen der benannten Häftlinge):
-
Hermann Bartel,
Dekorateur, geb. 1901, ins KZ am 6. Dezember 1941, gestorben am 2. März
1942,
-
Friedrich Baumann, Arbeiter, geb. 1893, ins KZ am 20. Juni 1941, gestorben
am 8. April 1942,
-
Anton
Berzchik, Arbeiter, geb. 1895, ins KZ am 23. Mai 1941, weiteres Schicksal
unbekannt,
-
Oskar
Birke, Landwirt, geb. 1893, ins KZ am 29. August 1941, gestorben am
1. November 1941,
-
Kurt
Bruhn, Kellner, geb. 1913, ins KZ am 27. November 1941, nach Mauthausen
deportiert am 25. Januar 1942, weiteres Schicksal unbekannt,
-
Theodor
Brüning, Angestellter, geb. 1896, ins KZ am 19. September 1941, weiteres
Schicksal unbekannt,
-
Kurt
Brüssow, Schauspieler, geb. 1910, ins KZ am 28. Mai 1941, weiteres Schicksal
unbekannt,
-
Alfred
Danjek, Polizeibeamter, geb. 1913, ins KZ am 25. November 1941, weiteres
Schicksal unbekannt,
-
Walter
Degen, Schlosser, geb. 1909, ins KZ am 29. August 1941, nach Mauthausen
deportiert am 4. Mai 1942, weiteres Schicksal unbekannt,
-
Johann
Dorfner, Feinbäcker, geb. 1903, vom KZ Flossenburg nach Auschwitz deportiert
am 3. Dezember 1943, weiteres Schicksal unbekannt,
-
Emil
Drews, Landarbeiter, geb. 1883, ins KZ am 22. August 1941, gestorben am
10. Januar 1942,
-
Alfred
Fischer, Schumacher, geb. 1881, ins KZ am 31. Oktober 1941, gestorben am
28. November 1941,
-
Max
Gergla, Kaufmann, geb. 1905, ins KZ am 28. November 1941, gestorben am
14. Februar 1942,
-
Johann
Gidius, Arbeiter, geb. 1900, ins KZ am 12. September 1941, gestorben am
13. November 1941,
-
Karl
Göttlich, Zimmermann, geb. 1887, ins KZ am 8. August 1941, gestorben am
2. Februar 1942,
-
Otto
Herzfeld, Arbeiter, geb. 1907, ins KZ am 3. Oktober 1941, gestorben am
7. August 1942,
-
Erwin
Jahnke, Elektriker, geb. 1911, ins KZ am 19. Dezember 1941, weiteres
Schicksal unbekannt,
-
Walter
John, Arbeiter, geb. 1910, ins KZ am 29. August 1941, gestorben am
29. Oktober 1941,
-
Willi
Käcker, Kaufmann, geb. 1905, ins KZ am 29. August 1941, gestorben am
18. Oktober 1941,
-
Egbert
Kipke, Braumeister, geb. 1910, ins KZ am 19. September 1941, weiteres
Schicksal unbekannt,
-
Leo
Kleefeld, Büroangestellter, geb. 1888, ins KZ am 29. Juni 1941, weiteres
Schicksal unbekannt,
-
Josef
Klose, Schneider, geb. 1894, ins KZ am 25. Juli 1941, gestorben am
9. Dezember 1941,
-
Herrmann
Krause, Landarbeiter, geb. 1891, ins KZ am 29. Juni 1941, weiteres Schicksal
unbekannt,
-
Friedrich Kühne, Kaufmännischer Angestellter, geb. 1912, ins KZ am 23. Mai
1941, weiteres Schicksal unbekannt,
-
Franz
Langecker, Kaufmännischer Angestellter, geb. 1900, ins KZ am 22. August
1941, weiteres Schicksal unbekannt,
-
Paul
Langer, Landarbeiter, geb. 1885, ins KZ am 8. August 1941, gestorben am
26. Oktober 1941,
-
Paul
Lehrfeld, Metallarbeiter, geb. 188, ins KZ am 22. August 1941, gestorben am
25. Januar 1942,
-
Karl
Lübben, Diplom-Ingenieur, geb. 1890, ins KZ am 19. Dezember 1941, gestorben
am 11. Februar 1942,
-
Johann
Majschek, Fleischer, geb. 1888, ins KZ am 26. September 1941, gestorben am
6. April 1942,
-
Johann
Mauler, Arbeiter, geb. 1897, ins KZ am 12. September 1941, gestorben
14. Februar 1942,
-
Rudolf
von Mayer, Gerichtsassessor, geb. 1905, ins KZ am 30. Mai 1941, gestorben am
19. August 1942,
-
Waldemar
Mews, Bäcker, geb. 1915, ins KZ am 10. Oktober 1941, nach Mauthausen
deportiert am 4. Mai 1942, weiteres Schicksal unbekannt,
-
Richard
Nagel, Beruf unbekannt, geb. 1893, vom KZ Flossenburg nach Auschwitz
deportiert am 31. August 1942, weiteres Schicksal unbekannt,
-
Georg,
Pecha, Schlosser, geb. 1906, Datum der KZ-Internierung unbekannt, nach
Mauthausen deportiert am 25. Januar 1945, weiteres Schicksal unbekannt,
-
Walter
Peters, Medizinischer Arzt, geb. 1890, ins KZ am 10. Oktober 1941, gestorben
am 15. Oktober 1941,
-
August
Pfeiffer, Diener, geb. 1895, ins KZ am 1. November 1941, gestorben am
28. Dezember 1941,
-
Günther
Pieka, Mühlenarbeiter, geb. 1920, ins KZ am 23. Mai 1941, weiteres Schicksal
unbekannt,
-
Walter
Pietzsch, Schiffbauer, geb. 1900, vom KZ Flossenburg nach Auschwitz
deportiert am 3. Dezember 1943, weiteres Schicksal unbekannt,
-
Friedrich Poguntke, Friseur, geb. 1906, ins KZ am 19. September 1941,
weiteres Schicksal unbekannt,
-
Willi
Pohl, Textilarbeiter, geb. 1907, ins KZ am 6. Juni 1941, gestorben am
21. Mai 1942,
-
Hugo
Präbitzer, Elektriker, geb. 1901, ins KZ am 12. September 1941, gestorben am
31. November 1941,
-
Franz
Ruffert, Gärtner, geb. 1902, ins KZ am 5. Oktober 1941, gestorben am
24. Dezember 1941,
-
Fritz
Ruske, Krankenpfleger, geb. 1907, ins KZ am 27. November 1941, weiteres
Schicksal unbekannt,
-
Richard
Schiller, Bürogehilfe, geb. 1900, ins KZ am 25. November 1941, gestorben am
6. Februar 1942,
-
Erwin
Schimitzek, Kaufmännischer Angestellter, geb. 1918, ins KZ am 22. August
1941, gestorben am 28. Januar 1942,
-
Heinz
Schumacher, Kaufmann, geb. 1909, ins KZ am 5. Dezember 1941, gestorben am
13. März 1942,
-
Emil
Sliwiok, Arbeiter, geb. 1913, ins KZ am 10. Oktober 1941, gestorben am
21. Januar 1942,
-
Ernst
Weimar, Kaufmann, Datum der KZ-Internierung unbekannt, nach Mauthausen
deportiert am 25. Januar 1945, weiteres Schicksal unbekannt.
Vorgetragen in Bremen, am 27.
Januar 2006, im Bremer Rat und Tat Zentrum für Schwule und Lesben.
Weitere
Forschungsergebnisse zum
Schicksal von Karl Gorath alias Karl B.
(First Research results to the
destiny of Karl Gorath alias Karl B.)
Eigene Publikationen zum Nationalsozialismus
(Some
publications on National Socialism)
Reise nach Auschwitz
(Journey to Auschwitz)
Rat und Tat Zentrum
(Advice & Action Centre)
Heutiges Gedenken
(Rememberance today)
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über den Rosa-Winkel-Häftling - Main side on the Pink-Triangle-Prisoner ]
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www.joerg-hutter.de
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