Gutachten des Zuchthauses Celle über die Notwendigkeit einer Einweisung in ein Konzentrationslager Report of the Celle convict prison on the necessity of a deportation into a concentration camp
Transkription des GutachtensHauptstaatsarchiv Hannover, Akte Hann. 86 Celle, Acc. 142/90, Nr. 39/0548; Blatt 16 RückseiteAngaben über die Wesensart des Gefangenen oder Verwahrten und sein Verhalten während des VollzugesDer Krankenpfleger Karl Gorath verbüßt hier wegen Sittlichkeitsverbrechen in (Aktenzeichen) der Staatsanwaltschaft in Wesermünde-Lehe eine Gesamtzuchthausstrafe vom 18.01.1940 bis 16.12.1942. Überhaft ist nicht vermerkt. Gorath ist zwei mal mit Gefängnis vorbestraft. Die Straftaten sind in den Jahren 1934 und 1939 begangen worden und waren widernatürliche Unzucht unter Unterschlagung. Während seiner jetzigen Strafverbüßung brauchen Führung und Arbeitsleistungen des Gorath nicht besonders beanstandet zu werden. Zweifellos hat auch die jetzige Strafe einen gewissen Eindruck auf ihn gemacht. Daß dieser Eindruck aber so stark ist, daß er Gorath künftig von der Begehung weiterer Straftaten abhält, muß ich im Hinblick auf seine einschlägige Vorstrafe stark bezweifeln. Gorath wird höchstwahrscheinlich wieder rückfällig werden, wenn die jetzige Strafe bei ihm in Vergessenheit gerät. Die Anordnung einer polizeilichen Auflage könnte den Gorath nur zum Vorteil gereichen. Celle, den 3. November 1942 Der Vorstand des Zuchthauses
im Auftrag (Klemmer, Unterschrift noch nicht entschlüsselt) Zur Bedeutung der Zuchthäuser im Rahmen der nationalsozialistischen Homosexuellenverfolgung Diese Stellungnahme hat wesentlich dazu beigetragen, dass die zuständige Kriminalpolizeileitstelle am 30. November 1942 die Deportation in ein Konzentrationslager angeordnet hat. Die Verantwortung für diese Unrechtsmaßnahme hat die Strafanstalt mit Schreiben vom 4.08.1950 (Hauptstaatsarchiv Hannover, Hann. 86 Celle, Akte Acc. 142/90, Nr. 39/0548, Blatt 23 ) und die Staatsanwaltschaft Celle mit Nachricht vom 22.06.1953 (Staatsarchiv Bremen, Landesamt für Wiedergutmachung, Akte 4,54 - E 7876, Blatt 35) zu vertuschen versucht, indem sie abstritten, dass im Anschluss an die Haft eine KZ-Deportation erfolgt sei oder von nur einer formularmäßigen Mitteilung über die anstehende Haftentlassung des Karl Gorath an die Kriminalpolizei berichtet haben. Die These ist daher plausibel, dass neben der Kriminalpolizei wohl auch die Justizvollzugsanstalten zu den Hauptinstanzen der nationalsozialistischen Homosexuellenverfolgung zählen müssen, da sie ihre Justizgefangenen nach Strafverbüßung bedenkenlos der polizeilichen Willkür auslieferten. Transcription of the report English translation follows soon Zurück zum Anfang - Back to beginning Hauptseite über den Rosa-Winkel-Häftling - Main side about the Pink-Triangle-Prisoner]Starting site: www.joerg-hutter.de
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