Barbarisch: Im Iran werden zwei schwule Teenager wegen homosexueller
Kontakte gehängt
Jörg Hutter
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Iran: Im Namen des Islam ermordet Iran: Murdered in the name of Islam
Murdered Am 19. Juli 2005 sind mit Billigung des Obersten Gerichtshofes des Iran zwei junge Männer gehängt worden, weil sie homosexuelle Kontakte hatten. BILD, die auflagenstärkste deutsche Tageszeitung, begrüßt die Hinrichtung mit Häme. Die iranische Studentenbewegung (ISNA = Iranian Student News Agency) informiert am 21. Juli 2005 die Welt über die Hinrichtung zweier junger Männer. Mahmoud Asgari (16) und Ayaz Marhoni (18) sind in der Stadt Mashhad im Nordosten de Irans öffentlich gehängt worden, weil sie homosexuelle Kontakte hatten. Nach Angaben der Studentenbewegung haben die verzweifelten jungen Männer kurz vor ihrer Hinrichtung noch angegeben, dass mann-männliche Sexualhandlungen unter Jugendlichen allgemein üblich seien und sie nicht gewusst hätten, dass auf gleichgeschlechtliche Sexualhandlungen die Todesstrafe stehe. Mahmoud Asgari (16) und Ayaz Marhoni (18) waren vor ihrer Hinrichtung fast zwei Jahre in Haft, in der sie mit 228 Hieben ausgepeitscht und gefoltert wurden. Die Folterung diente dabei dem Ziel, weitere Namen von mutmaßlichen 'Tätern' zu erpressen. Diese Methode erinnert stark an das Vorgehen der nationalsozialistischen Gewaltherrscher. Es ist daher davon auszugehen, dass in den iranischen Gefängnissen derzeit etliche Jugendliche gefoltert werden, um die Namen von anderen Jugendlichen zu erfahren. Ob die Gefolterten dann tatsächlich homosexuelle Kontakte hatten, darf stark bezweifelt werden. Klar ist derzeit nur, dass die staatliche Jagt auf iranische Jugendliche, die ihre jugendliche Sexualität untereinander erprobt haben, eröffnet ist.
Zur Zeit ihrer Verhaftung waren Mahmoud Asgari (16) und Ayaz Marhoni (18) erst 14 bzw. 16 Jahre alt. Über ihre Hinrichtung hat weder ein Medium berichtet, noch haben die Regierungen der Welt gegen sie protestiert. Nur die deutsche BILD-Zeitung hat die Hinrichtung in ihrer Ausgabe vom 27. Juli 2005 unter dem Titel "Hier werden zwei Kinder-schänder gehängt" ein-deutig begrüßt. Als Be-gründung für diesen staatlichen Mord wird Kinderschändung angege-ben. Doch nach dem iranischen Strafgesetz sind bereits homosexuelle Hand-lungen als solche mit dem Tode bedroht. Und diese sind in diesem Fall - wie andere Medien überzeu-gend berichten - auch geahndet worden. Die iranische Regierung versucht ihre grausame Politik gegenüber Homosexuellen vermehrt mit falschen Anschuldigungen wie etwa der der Vergewaltigung zu rechtfertigen. Das iranische Strafgesetzbuch betraft jedoch unter Berufung auf das von Allah abgeleitete islamische Recht, der Sharia, alle einvernehmlichen sexuellen Handlungen unter Männern (als "lavat" bezeichnet) und Frauen ab dem vierten Mal mit dem Tode. Unter der Präsidentschaft des reaktionären Staatsoberhauptes Mahmoud Ahmadinejad scheinen die Todesurteile und Hinrichtungen Homosexueller derzeit drastisch zuzunehmen(1).
Nach den Hinrichtungen des minderjährigen Mahmoud Asgari und des 18jährigen Ayaz Marhoni in Mashhad am 19. Juli 2005 folgten die von Farbod Mostarr und Ahmad Chooka am 28. August 2005 in Arak(2) und die von Mokhtar N. (24 Jahre) und Ali A. (25 Jahre) am 13. November 2005 in Gorgan(3). Es ist jedoch anzunehmen, dass weitere Hinrichtungen stattgefunden haben, über die nur unzureichende Informationen vorliegen. So sollen am 21. November in Kermanshah drei weitere Männer (als Youness, Hossein und Rudolph benannt) wegen homosexueller Handlungen öffentlich hingerichtet worden sein(4). Abgesehen davon rechtfertigt auch Kinderschändung keinen staatlichen Mord. Die Todesstrafe ist zutiefst grausam und unmenschlich. Sie gehört abgeschafft, und zwar weltweit. BILD hat die menschliche Tragödie des 16jährigen Mahmoud Asgari und des 18jährigen Ayaz Marhoni bewusst verfälscht und verharmlost. Somit bleibt nur eins: Boykott von BILD, Pro7, Kabel1, SAT1 und N24, allesamt Produkte des Springer-Verlages.
Dabei sollte uns die deutsche Geschichte lehren, dass offizielle Anschuldigungen eines Terrorregimes mit Vorsicht zu genießen sind. Denn offensichtlich sind die Geständnisse der Beschuldigten unter Folter erpresst worden. Die zur Zeit ihrer Internierung minderjährigen Mahmoud Asgari und Ayaz Marhoni sind bis zu ihrer Hinrichtung 14 Monate in Haft gehalten und unter anderem mit über 200 Peitschenhieben gefoltert worden(5). Da unter Folter alle Menschen alles zugeben, um von der Qual befreit zu werden, ist grundsätzlich zu bezweifeln, ob die Anschuldigungen überhaupt auf Tatsachen beruhen.
Bei allen Unterschieden drängen sich Parallelen zum nationalsozialistischen Terror gegen Homosexuelle auf. Die Verdächtigen sind im damaligen Deutschland sowie im heutigen Iran so- lange gefoltert worden, bis sie die Namen ihrer vermeintlichen Sexualpartner preisgegeben haben. Die Bekanntschaft zu einem Inhaftierten reicht somit aus, um in das verhängnisvolle Visier der Verfolgungsbehörden zu geraten. Um die Anschuldigungen gegen Homosexuelle zu untermauern, haben auch die Nationalsozialisten den Verdächtigten etliche Zusatzdelikte untergeschoben. Die offiziellen Strafregister-auszüge können somit eher als eine Ansammlung falscher Anschuldigungen als ein Register tatsächlicher Straftaten gewertet werden. Um so skandalöser ist es, wenn deutsche Behörden und Gerichte die staatlichen Angaben des iranischen Terrorregimes als justiziable Tatsachen werten und Asylsuchenden aus dem Iran unter Hinweis darauf, dass nicht die homosexuelle Neigung, sondern nur die homosexuelle Praxis im Iran verfolgt werde, das Asylbegehren verweigern. Immerhin ist es dem 32jährigen Iraner Andre Aragoli Dank des umfassenden Widerstande der Frankfurter Gay Community gelungen, eine Aufenthalts-genehmigung gegen das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichtes Kassel zu erstreiten(6). Bei derartigen Parallelen drängt sich die Frage nach den Gemeinsamkeiten von nationalsozialistischer und theokratisch geprägter Gewaltherrschaft auf. Ich bin überzeugt davon, dass beide Ideologien eine Sozialutopie verwirklichen wollen. Denn beide Ideologien verbindet der Glaube an eine sozial gleichförmige Gesellschaft. Die Hatz auf Homosexuelle ist und war von dem Bestreben geleitet, eine Utopie von Volksgemeinschaft verwirklichen zu wollen. Als Minderheit mit eigenem Lebensstil entziehen sich Homosexuelle (und andere Minderheiten) dieser allumfassenden Utopie. In diesem Sinne stellt der Nationalsozialismus nur eine "neue" Variante religiöser Allmachtsfantasien dar. Die iranische Theokratie wiederum bedient diese Utopie von einheitlicher Volksgemeinschaft mit den Gesetzen der Sharia und ahndet alle 'fundamentalen' Verstöße gegen sie mit dem Tode. Die Parallelität zwischen Nationalsozialismus und religiösem Fundamentalismus bestärkt mich in der Auffassung, in beiden Extremen eine prinzipiell menschenfeindliche Einstellung zu erkennen. Letztlich steht hierbei Religion an sich auf dem Prüfstand. Wenn sich Religion nur Dank Mission und Unterdrückung legitimieren lässt, gehört sie als des Menschen größtes Übel grundsätzlich in Frage gestellt. Der Islam erscheint derzeit nur deshalb als weniger blutrünstig, weil er auf eine jüngere Geschichte zurückblicken kann. Dem Christentum hingegen haftet eine weitaus längere Verfolgungsgeschichte an: von den Kreuzzügen über die Ketzer- und Hexenverfolgungen und den Hinrichtungen von Homosexuellen im 18. Jahrhundert(7) bis hin zu der Kumpanei mit dem deutschen Nationalsozialismus im 20. Jahrhundert(8).
Eines wird die Lehre der Hinrichtungen im Iran daher sein: Religion - egal ob Islam, Hinduismus oder Christentum - schreckt vor blutrünstiger Moral nicht zurück. Daher lautet meine These: Um so mehr Religion den Mord an Menschen braucht, um sich zu legitimieren und andere Menschen zu missionieren, um so schneller wird sie ihren Einfluss auf die Menschen verlieren. Demnach befindet sich der Islam mit seinen Terrorakten und Morden in der Defensive. Diese Abschottungsversuche können die Strahlkraft von individueller Freiheit und selbst bestimmten Lebensformen nicht trüben. Die Punk-Band KASSIERER nennt diese Wirkung so: "Religion ist heilbar". Sie spiegelt sich wider im Namen der wohl ältesten amerikanischen Punkrock-Band, die da lautet: "BAD RELIGION"(9). Trotzdem darf die neue Repressionswelle im Iran nicht unwidersprochen beleiben. Die Betroffenen dort brauchen die internationale Solidarität. Ich erhoffe mir daher ein deutliches Signal an die Machthaber im Iran und bitte alle Leser/innen, die Solidaritätspetition der Iranischen Schwulen- und Lesbenorganisation zu unterzeichnen.. Leider hat dieses Bemühen bislang die im Iran hingerichteten schwulen Männer nicht retten können. Sie und die vielen anderen im Iran eingekerkerten schwulen Männer und lesbischen Frauen sind die [Rosa-Winkel-Häftlinge] der Gegenwart. Die iranischen Mullahs können nur als religiös geprägte Faschisten von heue bezeichnet werden. Ihre brutale Herrschaft wird jedoch auch enden, genauso wie der deutsche Nationalsozialismus des 20igsten Jahrhunderts untergegangen ist. Solidarität mit den Schwulen und Lesben im Iran Solidarity for the Persian Gays and Lesbians Die Vergangenheit mahnt uns, für die Opfer von heute zu kämpfen. Im Iran sind im Jahr 2005 mindestens sechs Männer wegen ihrer Homosexualität hingerichtet worden. Weitere Hinrichtungen drohen. The past reminds us, to fight for the victims of today. In the year 2005 at least six men have been executed because of their homosexuality in Iran. Further executions threatens. [Persian Gay and Lesbian Organisation] [Persische Schwulen- und Lesbenorganisation]
Please do not leave us alone and try to be our
everyday supporters and friends. Protest notes Wir brauchen Hilfe! Jede/r kann Druck auf die eigene Regierung ausüben, damit diese die diplomatischen Beziehungen zum Iran abbricht und Handelssanktionen gegen den Iran verhängt. (We need help! Everyboy can send protest notes to your government to break off diplomatic relations and impose trade sanctions against Iran and send them to the ambassador of the Iran Republic.) Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland Auswärtiges Amt Werderscher Markt 1 10117 Berlin Telefon 030-5000-0 Notruf (außerhalb der Dienstzeiten) 030-5000-2000 Telefax 030-5000-3402 http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Startseite.html poststelle@auswaertiges-amt.de Botschaft der Islamischen Republik Iran Podbielskiallee 65/67, 14195 Berlin Tel: 030 - 84 353-0 Fax: 030 - 84 353 - 535 [More information about the topic: Direland - Politics and Media] Footnotes (1) Iran: Two more Executions for Homosexual Conduct, Reuters AlertNet, New York 22.11.05, <http://www.alertnet.org/>. (Zurück zur Fn. 1) (2) Two New Gay Executions Scheduled in Iran, Says Iranian Exile Group, 12.08.2005, <http://pageoneq.com/news/2005/IRAN_GAY_EXECUTIONS_D0812.html">. (Zurück zur Fn. 2) (3) Man who married his partner, now exiled in Turkey, begs for Western Pressure, Persian Gay and Lesbian Organisation 2005>. (Zurück zur Fn. 3) (4) Man who married his partner, now exiled in Turkey, begs for Western Pressure, Persian Gay and Lesbian Organisation 2005. (Zurück zur Fn. 4) (5) London protest against homosexual executions in Iran, Iranian.com, 12.08.2005, <http://www.iranian.com/BTW/2005/August/London/> (Zurück zur Fn. 5) (6) Der Fall Andre Aragoli, 11.10.2005, <http://www.ermis.de/aragoli">. (Zurück zur Fn. 6) (7) Hutter, Jörg: Von der Sodomie zu Queer-Identitäten, Das geschlechtsrollenstrukturierte Homosexualitätsmodell, <Identitaetsgenese>. (Zurück zur Fn. 7) (8) Klee, Ernst: Persilscheine und falsche Pässe - Wie die Kirchen den Nazis halfen, Frankfurt am Main 2001, S. 152 f.. (Zurück zur Fn. 8) (9) Bad Religion, Los Angeles 2005, <http://www.myspace.com/badreligion>. (Zurück zur Fn. 9) Themenverwandte Links
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