Hallo (Abonnentin/Abonnent),
hier folgt der fünfte Newsletter zu meiner Homepage "Punk" und "Schwul".
Diesmal widme ich meine Aufmerksamkeit fast ausschließlich der aktuellen
Schwulen- und Lesbenverfolgung im Iran.
Trotz des sehr ernsten Themas wünsche ich eine anregende Lektüre.
Iran exekutiert Schwule
Unter der Präsidentschaft des reaktionären Staatsoberhauptes Mahmoud
Ahmadinejad scheinen die Todesurteile und Hinrichtungen Homosexueller im
Iran derzeit drastisch zuzunehmen. Die Hinrichtungen des 16jährigen Mahmoud
Asgari und des 18jährigen Ayaz Marhoni am 19. Juli 2005 in Mashhad erregten
zumindest begrenzten internationalen Protest. Doch wenige Wochen nach diesen
Exekutionen folgten die von Farbod Mostarr und Ahmad Chooka am 28. August
2005 in Arak sowie die von Mokhtar N. (24 Jahre) und Ali A. (25 Jahre) am
13. November 2005 in Gorgan. Dabei ist zudem anzunehmen, dass weitere
Hinrichtungen stattgefunden haben, über die nur unzureichende Informationen
vorliegen. So sollen am 21. November in Kermanshah drei weitere Männer (als
Youness, Hossein und Rudolph benannt) wegen homosexueller Handlungen
öffentlich gehängt worden sein.
Das obenstehende Bild symbolisiert das gegenwärtige repressive Klima im
Iran besonders deutlich. Auch hier geht die Unterdrückung von Frauen,
sinnbildlich durch den Zwang zum Schleier illustriert, mit dem Staatsterror
gegen Homosexuelle Hand in Hand. Es scheint universelle soziale Regel zu
sein, dass sich die Repression gegen Frauen stets mit der Unterdrückung von
Homosexuellen paart. Offenbar lässt sich die Dominanz einer partiarchalen
Männnerrolle nur durch Gewaltherrschaft aufrecht erhalten.
Barbarisch: Im Iran werden vermehrt Schwule wegen gleichgeschlechtlicher
Sexkontakte gehängt
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Teenager im Iran gehängt |
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Skandalös an der Hinrichtung des des 16jährigen Mahmoud Asgari und des
18jährigen Ayaz Marhoni ist nicht nur die Tatsache, dass beide zur
'Tatzeit' minderjährig waren. Beide sind bis zu ihrer Hinrichtung 14
Monate interniert gewesen und in Haft schwer gefoltert worden.
Offensichtlich sollten weitere Namen von Gleichaltrigen erpresst werden,
um sie gleichgeschlechtlicher Sexualität überführen zu können.
Die Absurdität eines solchen Vorgehens ist unverkennbar. Da alle
Menschen unter Folter alles 'gestehen', um von der Qual erlöst zu
werden, ist der Wahrheitsgehalt von unter Folter erpressten
Geständnissen mehr als zweifelhaft. Letztlich droht all denjenigen
staatliche Verfolgung, die ein Folteropfer namentlich nennen konnte.
Natürlich gestehen Folteropfer auch 'Straftaten', die sie nicht
begangen haben. Geheime Staatspolizei und Kriminalpolizei haben während
der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft missliebigen Personen
Straftaten anhängen können, die diese nie begangen haben.
Verlautbarungen eines Terrorregimes sind daher mit der nötigen Skepsis
zu begegnen. Die häufige Rechtfertigung der iranischen Regierung, die
zum Tode Verurteilten hätten Dritte sexuell vergewaltigt, verunglimpft
die Opfer staatlichen Terrors und negiert das auf islamischem Recht
basierende iranische Strafgesetzbuch, welches gleichgeschlechtliche
Sexualhandlungen als solche mit dem Tode bedroht.
Da die BILD-Zeitung die Argumentation des iranischen Terrorregimes
unhinterfragt übernimmt und die (minderjährigen!) homosexuellen Opfer
als Kinderschänder diskreditiert, bleibt nur der Boykott des
Springer-Verlages!
BILD-Zeitung diffamiert die Opfer der Homosexuellenverfolgung »
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Folter im Iran |
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Die aktuelle Hinrichtungswelle im Iran zerstört nicht nur das Leben der
direkt Betroffenen. Wie die im Exil agierende Persian Gay and Lesbian
Organisation (PGLO) berichtet, gelingt nur wenigen der Bedrohten die
Flucht in das rettende Ausland. Die Flüchtlinge, die oftmals ihre
eingekerkerten Partner zurücklassen mussten, quälen sich mit Vorwürfen,
überhaupt überlebt zu haben. Die Berichte erinnern mich an die
Schilderungen von überlebten KZ-Opfern, die sich selbst vorwerfen, dem
Tod entronnen zu sein.
Nebenstehendes Bild illustriert die Auspeitschungen von Amir, der
nach dieser Tortur und massiven Todesdrohungen (das nächste Mal wirst Du
hingerichtet!) ins Ausland geflüchtet ist. Die Persische Schwulen- und
Lesben-Organisation hat ein Interview mit dem Gepeinigten
veröffentlicht.
Ein junges Folteropfer berichtet: Das nächste Mal wirst Du hingerichtet
»Persian Gay and Lesbian Organisation
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Petition für Irans Schwule |
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Die Schwulen und Lesben Irans brauchen unsere Solidarität. Ich bitte
daher alle Leserinnen und Leser, die Petition für Irans Schwule und
Lesben zu unterzeichnen und diesen Aufruf an möglichst viele Menschen
weiter zu verteilen. Der Hilferuf der im türkischen und norwegischen
Exil angesiedelten Organisation lautet wie folgt:
"Bitte lasst uns nicht alleine und versucht, unsere täglichen
Unterstützer und Freunde zu sein. Auf den Tag hoffend, an dem
Homosexualität nicht mehr soziale Verachtung und Hass zur Folge hat,
sondern als eine soziale Tatsache anerkannt wird, bitten wir darum, sich
uns anzuschließen und bei uns zu bleiben, um für das Erreichen dieses
wichtigen Ziels zu kämpfen. Wir brauchen Ihre Unterstützungen und die
Wärme Ihrer Hände."
Zur Persischen Schwulen- und Lesben-Organisation »Persian
Gay and Lesbian Organisation (PGLO)
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Auch die Kirche half den Nazis |
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Die Schwulenverfolgung im Iran ist sicherlich kein islamspezifisches
Phänomen. Auf das Konto der christlichen Religion gehen wahrscheinlich
nur deshalb mehr Feuertote, da die christliche Religion um etliche
Jahrhunderte länger existiert. In Erinnerung gekommen sind mir bei
diesem Gedanken nicht nur die Sodomiterverfolgungen im Europa des 18.
Jahrhunderts, sondern auch die Kumpanei der evangelischen und
katholischen Kirche mit den Nationalsozialisten. Warum haben die sich so
trefflich miteinander arrangiert?
Diese Frage hat auch den Publizisten Ernst Klee bewegt, der das
Fehlverhalten der Kirchen im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus
dokumentiert: von Verwicklungen in Aktivitäten der Euthanasie und des
Antisemitismus bis hin zur organisierten Fluchthilfe für Nazi-Bonzen
nach Lateinamerika nach Kriegsende. So zeigt das Titelfoto des
nebenstehenden Büchleins Adolf Eichmann 1950 auf der Überfahrt nach
Argentinien. Die Flucht ermöglichte ein deutscher Pater in Rom ...
Klee kommt bei der Beantwortung der aufgeworfenen Frage zu der
überzeugenden Einsicht, dass Kirchenführer und Nationalsozialisten
dieselben Feindbilder hatten. Sie teilten das Menschenbild über Kranke,
Behinderte, Homosexuelle, Zigeuner, Polen, Russen und Juden. "Sie waren
Kumpane im Geiste" (Klee, Ernst, Persilscheine und falsche Pässe - Wie
die Kirchen den Nazis halfen, Frankfurt/Main 1991, S. 153). Dies trifft
mit Sicherheit auch auf die Mullahs in vielen arabischen Staaten zu.
Zur "Sodomiterverfolgung" im Europa des 18. Jahrhunderts »
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Parlament und schwule Nazis |
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Das Thema "schwule Nazis" beschäftigt nach wie vor die Köpfe. Die
Wochenzeitschrift "Das Parlament", herausgegeben vom Deutschen
Bundestag, hat sich in der 45. Ausgabe des Jahres 2005 schwerpunktmäßig
dem Rechtsextremismus in der Bundesrepublik und Europa gewidmet. Ein
Interview mit mir beleuchtet Motive schwuler Nazis und ihre massive
Abwehr durch die rechtsextreme Szene.
Das Interview ist nachzulesen unter dem folgenden Link:
Zum Interview in "Das Parlament" »
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Neujahrswünsche |
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Der religiös fundierten Homophobie zum Trotz halte ich es lieber mit der
Hamburger Punk-Band NORMAHL: "Punk ist keine Religion, Punk ist, für
sein Leben grad' zu stehen; Punk ist keine Religion, Punk ist, seinen
eigenen Weg zu gehen."
In diesem Sinne wünschen Daniel und Jörg allen Empfängern des
Newsletters einen guten Rutsch und ein glückliches neues Jahr.
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