Die
Intoleranz der Religion
Leserbrief "Gedenken an Verdener Blutgericht"
Leserbrief
(Transkript) von Jörg Hutter in der taz bremen
Jakob Hutter,
Täufer und Opfer der religiösen Intoleranz im 16. Jahrhundert
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Die Intoleranz der Religion
Ich habe mich nach langer Überlegung
entschlossen, zu dem Thema Religion Stellung zu nehmen. Dabei geht es mir
nicht darum, irgendjemanden seinen Glauben abzusprechen oder in der Ausübung
seiner religiösen Glaubensbekundungen zu behindern. Jedem Menschen soll es
frei sein, an die religiösen Überzeugungen zu glauben, an die er oder sie
glauben möchte und die religiösen Riten auszuleben, die sie oder er ausleben
möchte. Ich denke, dass atheistische Menschen in dieser Beziehung sogar weit
toleranter sind als gläubige, da es sie nicht stört, ob Kirchtürme,
Minarette oder sonstige Gotteshäuser irgendwo gebaut werden und dass
Menschen an diesen Orten ihre religiösen Kulthandlungen vornehmen.
Das, was mich an Religion
zutiefst stört und nervt, ist die Tatsache, dass nahezu alle Religionen
auch den nichtgläubigen Menschen vorschreiben wollen, wie sie zu
leben haben. Dies bezieht sich beispielsweise auf Fragen der
Geschlechterbeziehungen, des eigenen Lebensstils und der Sexualität, die
das Leben aller Menschen im Namen der Religion einschränken. Genannt
sein hier etwa Regelungen zur Gleichberechtigung der Frau, zur Ehe, zur
Scheidung, zur Empfängnisverhütung, zur Abtreibung, zur
gleichgeschlechtlichen Liebe und Sexualität, zu alternativen Lebensmodellen,
zur Sterbehilfe, zur Beschneidung oder zum Arbeitsrecht in sozialen
Einrichtungen etc. An diesen wird deutlich, dass wir auch im Deutschland des
21. Jahrhunderts die Trennung von Staat und Religion noch lange nicht
vollzogen haben. Das ist angesichts der Tatsache, dass eine Partei mit dem C
im Parteinamen seit Jahren die Regierung stellt und eines Bundespräsidenten,
der als Pastor in dieses Amt gewählt worden ist, wenig verwunderlich. Somit
bestimmt nach wie vor christliche Ideologie das politische Handeln der deutschen
Politikerklasse, wie das folgende Beispiel zum Tanzverbot am Karfreitag
verdeutlicht. |
Leserbrief
"Gedenken an Verdener Blutgericht" in der taz bremen vom 11.04.2011
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Leserbrief von Jörg Hutter in
der taz bremen vom 11.04.2011 (Transkript)
Betr. „Blanker Festtags-Populismus“ und „Kirchen
wollen weiter trauern“
Ich stimme dem Leserbriefbeitrag von Joachim Fischer vom 4.04.2011 in einem
Aspekt voll zu: Wer ein Tanzverbot an christlichen Feiertagen nicht
hinnehmen möchte, der sollte auch für die Abschaffung der christlichen
Feiertage wie Weihnachten, Oster- und Pfingstmontag sowie den
Himmelfahrtstag eintreten.
Das tue ich hiermit!
Ich denke, wir brauchen in einer zunehmend säkularen Gesellschaft diese
christlichen Feiertage nicht mehr. Die konfessionsfreie Bevölkerung stellt
gegenwärtig mit 35 Prozent den größten Bevölkerungsanteil: Tendenz steigend.
Es ist abzusehen, dass der katholische und evangelische Bevölkerungsanteil
in wenigen Jahren unter die 50-Prozentmarke sinken wird.
Daher gilt es umzudenken: Statt der christlichen Feiertage sollte diese
Gesellschaft sich ihrer demokratischen Kultur bewusst werden und etwa der
Ereignisse gedenken, welche die Durchsetzung von Freiheit und Menschenrechte
markiert haben: So etwa die Einführung des passiven Wahlrechtes für Frauen
am 19. Januar 1919, die Verkündung der Allgemeinen Erklärung der
Menschenrechte der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 oder die
Abschaffung der Todesstrafe in der Bundesrepublik Westdeutschland am 20.
Januar 1951.
Begrüßenswert wären zudem Gedenktage, die der im christlichen Namen verübten
Verbrechen gedenken. Da diese so zahlreich sind, könnte hier eine jährliche
Rotation hilfreich sein, um möglichst viele Verbrechen, welche die Kirche
etwa im Rahmen der Kreuzzüge oder der Inquisition verübt hat, ins
Bewusstsein der heutigen Menschen zu rufen:
So etwa die Massenhinrichtung von 4.500 sächsischen Zivilisten in Verden im
Jahre 782 (Verdener Blutgericht), die der christliche Kaiser Karl „der
Große“ an der Aller köpfen, ihre Leichen in die Aller werfen ließ, weil sich
diese der Zwangschristianisierung wiederholt widersetzt haben. Die über
Bremen in die Nordsee treibenden Leichen sollten der noch heidnischen
Bevölkerung in Bremen verdeutlichen, wo das christliche Kreuz hängt und was
Gehorsamsverweigerung gegenüber der Kirche für Folgen hat.
Oder die Vernichtung des sächsisch-friesischen Bauernvolkes der Stedinger in
den 1230er Jahren, das sich der ausbeuterischen kirchlichen Tributzahlungen
verweigert hat. Pabst Gregor IX. sowie die Bremer Erzbischöfe Hartwig sowie
Gerhard II führten einen mehrjährigen Vernichtungskrieg, dem Tausende zum
Opfer fielen und den die Bremer Kirche noch über Jahrhunderte befeiert hat.
Letztlich kann ich nicht erkennen, warum Tanzen und Feiern an bestimmten
Tagen die Religionsausübung oder „Trauerbefindlichkeiten“ von Menschen
beeinträchtigen kann. Das Umgekehrte ist vielmehr der Fall:
Alle Lebensstile verdienen den gleichen Respekt, wenn sie die Freiheit der
anderen Menschen achten und keinem Menschen das eigene Modell vom
Glücklichsein aufzwingen. So wie die Religionsfreiheit zu akzeptieren ist,
gehören Tanz- und Feierverbote für alle abgeschafft.
Dr. Jörg Hutter, Bremen
Jakob Hutter, Täufer und Opfer der religiösen
Intoleranz im 16. Jahrhundert
Bei
Recherchen zur eigenen Familiengeschichte bin ich auf Jakob Hutter gestoßen,
den die evangelisch-lutherische Staatsmacht 1538 in Insbruck auf dem Scheiterhaufen
verbrennen ließ (Nachweis u.a. bei Deschner, Karlheinz, Kriminalgeschichte
des Christentums, Bd. 8, S. 402 f., siehe
[No Religion Links]). Hutter ist der damaligen religiösen Staatsdoktrin
nicht gefolgt, sondern hat die religiösen Vorstellungen seiner Zeit in eigenem
Sinne interpretiert. Die Täufer jener Zeit sprachen sich u.a. dafür aus,
erst Erwachsene zu taufen, weil nur erwachsene Menschen in der Lage seien, diese
Kulthandlung zu verstehen und ihr gegenüber einzuwilligen.
Unter Führung von Hutter
siedelten die Täufer bis 1535 in Mähren, bis der Mährische Landtag in diesem
Jahr alle Täufer auswies und sich diese auf die umliegenden Länder
verstreuten. Meine Familie väterlicherseits stammt aus Böhmen, so dass der
Schluss nahe liegt, dass sie zu den verstreuten Nachkommen jener Zeit
zählen. Für diese These sprechen auch die Ähnlichkeiten in den
Gesichtszügen meiner Familie Hutter.
[Jakob Hutter in der Wikipedia-Enzyklopädie]
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