Diskriminierungsverbot
in die Bremische Landesverfassung
Antrag:
Verbot der Diskriminierung wegen sexueller Orientierung in die Landesverfassung
Zum
zweiten Mal startet unsere grüne Bürgerschaftsfraktion den Anlauf, ein Verbot der
Diskriminierung wegen sexueller Orientierung in der Landesverfassung zu
verankern. Der folgende Antrag ist im Dezember 2000 eingebracht worden.
Debatte
der Bremischen Bürgerschaft am 22. Februar 2001
Jörg Hutter
Copyright
© Jörg
Hutter. Alle Rechte vorbehalten. Der hier veröffentlichte Artikel ist
urheberrechtlich geschützt und darf nur zu privaten Zwecken heruntergeladen
oder ausgedruckt werden. Für andere Absichten - insbesondere das Einstellen auf
Webseiten - ist das Einverständnis des Verfassers einzuholen.
Die
Bremische Bürgerschaft hat den oben abgebildeten Antrag auf ihrer Sitzung am 22. Februar
2001 beraten. Bei Enthaltung des Vertreters der rechtsextremen DVU stimmte
die Bremische Bürgerschaft einstimmig für die beantragte Verfassungsänderung.
Ein nichtständiger Ausschuss ist nach Art. 125 der Bremischen
Landesverfassung eingesetzt und damit beauftragt worden, den genauen Wortlaut
der Änderung festzulegen. Diese Beschlussfassung kommentierte der Weser Kurier
in seiner Ausgabe vom 23. Februar 2001 unter der Überschrift
"Verfassung schützt auch Homosexuelle" wie folgt:
"Als
erstes altes Bundesland stellt Bremen künftig Homosexuelle ausdrücklich unter
den Schutz seiner Landesverfassung. Eine entsprechende Änderung beschloss
gestern auf Antrag der Grünen die Bürgerschaft in erster Lesung mit den
Stimmen aller drei Fraktionen. Gegenwärtig heißt es in dem einschlägigen
Artikel 2, Absatz 2: 'Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung,
seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens,
seiner sozialen Stellung, seiner religiösen und politische Anschauungen
bevorzugt oder benachteiligt werden.' Nun soll diese Aufreihung um einen Begriff
wie 'sexuelle Orientierung' erweitert werden. Wie der Wortlauf der Verfassungsänderung
ausfallen wird, muss jetzt in einem eigens gebildeten Ausschuss beraten werden."
Innerhalb
der CDU-Fraktion hatte sich wohl der Fraktionsvorsitzende Jens Eckhoff
durchgesetzt. Gleichwohl konnte man in seinem Plädoyer für die
Verfassungsänderung erahnen, welche Schwierigkeiten die CDU mit diesem Vorstoß
gehabt haben muss. Denn zweifelsfrei ahnen die Bremer Christdemokraten, dass
dieser Schritt auch Folgen für Ihre Haltung zum Lebenspartnerschaftsgesetz der
rotgrünen Bundesregierung haben wird. Bei der Frage, welche Bremische Behörde
für die Eintragung der Partnerschaften ab August 2001 zuständig sein soll,
wird die CDU beweisen müssen, wie Ernst es ihr mit dem Diskriminierungsverbot
wirklich ist. Der Weser Kurier zitiert Eckhoff zu dieser 'heiklen' Frage wie
folgt:
"Neben
Ehe und Familie könnten auch homosexuelle Beziehungen 'eine wichtige Basis
unserer Gesellschaft sein'. Mit diesen Worten begründete der
CDU-Fraktionsvorsitzende Jens Eckhoff die Zustimmung der Christdemokraten zur
Verfassungsänderung. Der Staat müsse die private Lebensgestaltung jedes
Einzelnen respektieren, so Eckhoff weiter. Unter Hinweis auf das Grundgesetz,
das Ehe und Familie unter seinen besonderen Schutz stellt, lehnte der
Fraktionsvorsitzende jedoch nach wie vor die rechtliche Gleichstellung von Ehe
und gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften ab."
Immerhin:
Die CDU hat sich merklich bewegt. Zurecht bewertet Reiner Neumann als
Vorstandsmitglied des Bremer Rat & Tat Zentrums für Schwule und Lesben
diesen Schritt als einen riesigen Erfolg. Erneut der Weser Kurier:
" 'Bremen
ist damit das erste alte Bundesland, das die Antidiskriminierungspolitik der
Europäischen Union aufgreift', kommentierte gestern Reiner Neumann vom 'Rat-und-Tat-Zentrum
für Schwule und Lesben' und sprach von einem 'großartigen Erfolg' ".
taz
bremen vom 5. Mai 2001
Bericht
und Antrag des nichtständigen Ausschusses gemäß Art. 125 der Landesverfassung
- Änderung von Art. 2 Abs. 2 LV
I. Bericht
1.
Die Bürgerschaft (Landtag) hat am 22. Februar 2001
den am 21. Dezember 2000 eingebrachten Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die
Grüne, Drucksache 15/581, in erster Lesung beschlossen. Beantragt wird folgende
Änderung der landesverfassung:
"In Artikel 2 Absatz 2 werden hinter den Worten 'soziale Stellung' die
Worte 'sexuelle Orientierung' eingefügt."
Am
22. Februar 2001 hat die Bürgerschaft (Landtag) ferner einen nichtständigen
Ausschuss gemäß ART. 125 der Landesverfassung eingesetzt. Ihm wurde der Antrag
am gleichen Tag zur Beratung und Berichterstattung überwiesen.
Dem
Ausschuss gehören an:
Mitglieder: |
Stellvertreter: |
Engelmann, Michael |
Berk, Gerlinde |
Isola, Horst |
Schwarz, Gisela |
Eckhoff, Jens |
Oppermann, Karl Uwe |
Röwekamp, Thomas |
Windler, Annedore |
Dr. Kuhn, Hermann |
Linnert, Karoline |
Am
4. Mai 2001 hat der Ausschuss den Abgeordneten Eckhoff zum Vorsitzenden und den
Abgeordneten Engelmann zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.
2.
Im Ausschuss bestand Übereinstimmung darüber, dem
Ziel des Antrags zu entsprechen.
Die
Anschauungen über Sexualität haben sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt.
Dennoch sind einzelne Formen der Sexualität mit Benachteiligungen verbunden.
Dem soll durch ein Diskriminierungsverbot entgegengewirkt werden.
Entsprechende
Bestimmungen befinden sich in den Verfassungen von Berlin. Brandenburg und
Thüringen. Auch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union enthält ein
Diskriminierungsverbot. Die Formulierungen sind unterschiedlich. Die Charta
verbietet Diskriminierungen wegen der "sexuellen Ausrichtung". Nach
der Verfassung von Thüringen darf niemand wegen seiner "sexuellen
Orientierung" bevorzugt oder benachteiligt werden. Die Verfassungen Berlins
und Brandenburgs knüpfen dieses Bevorzugungs- und Benachteiligungsverbot an die
"sexuelle Identität".
Der
Ausschuss war sich darin einig, eine Formulierung zu wählen, die Sexualität
nicht nur als statisches, vorgegebenes Merkmal erfasst, sondern auch Formen der
Sexualität umschließt, die mit einer bewussten Entscheidung verbunden sein
können. Darüber hinaus soll die Formulierung klarstellen, dass das
Benachteiligungsverbot nicht nur für Homosexuelle gilt, sondern auch für
Bisexuelle und Transsexuelle. Der Ausschuss geht davon aus, dass der Begriff
sexuelle Identität diesen beiden Zielen gerecht wird.
II. Antrag
Der
Ausschuss empfiehlt der Bürgerschaft (Landtag), den Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen in der nachfolgenden Fassung zu beschließen:
Gesetz
zur Änderung der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen
Die
Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:
Gesetz
zur Änderung der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen
Der
Senat verkündet das nachstehende von der Bürgerschaft (Landtag) beschlossene
Gesetz:
Artikel
1
Die
Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen vom 21. Oktober 1947 (SaBremR
100-a-1), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 1. Februar
2000 (BremGBl. S. 31), wird wie folgt geändert:
In
Artikel 2 Abs. 2 werden hinter den Worten "soziale Stellung" die Worte
"sexuelle Identität" eingefügt.
Artikel
2
Dieses
Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündigung in Kraft.
Eckhoff
Vorsitzender
Zweite
Lesung: Diskriminierungsverbot aufgrund der sexuellen Identität in Bremische
Landesverfassung
Die
Bremische Bürgerschaft beschloss am Donnerstag, den 21. Juni 2001, in zweiter
Lesung, das Diskriminierungsverbot wegen sexueller Identität in die Bremische
Landesverfassung aufzunehmen. Die dritte Lesung und somit die Schlussdebatte hat
im August 2001 stattgefunden. Die Änderung der Landesverfassung tritt
somit in Kraft.
Zurück
zum Beginn
Startseite www.joerg-hutter.de